Ich wurde vor einigen Wochen gefragt einen Bericht über meine Zeit in Ecuador im Kinderheim Arbol de la Esperanza zu schreiben, es ist jetzt knapp anderthalb Jahre her, dass ich wieder in Deutschland bin, in der Zeit hat sich einiges verändert, anderes ist aber auch bestimmt gleich geblieben.

 

In den letzten Wochen habe ich über die angespanntere Situation in Ecuador gelesen, das macht mir etwas Sorgen. Als wir in Ecuador waren, haben wir uns kaum Sorgen gemacht, natürlich wurden uns auch zu unserer Zeit bestimmte Regeln und Verhaltensweisen beigebracht, wie wir uns in unserem Viertel, in Quito und in ganz Ecuador zu bewegen haben. Die haben wir auch soweit befolgt, dann konnten wir uns frei verhalten, ohne dass uns etwas passiert ist.

 

Lange habe ich darüber nachgedacht, wie ich am liebsten über meine Zeit als Freiwilliger im Heim schreiben will, jetzt bin ich zum Schluss gekommen, mich auf den Alltag im Heim zu konzentrieren, da der sich glaube ich am meisten von allen anderen Freiwilligenprojekten in Ecuador unterscheidet und der Arbol gerade wegen seines Alltags ein besonderes Projekt ist.

 

Der Alltag besteht für mich im Grundsatz daraus, das Arbeiten der Erzieher etwas leichter zu machen, sei es durch das persönliche Betreuen einzelner oder mehrerer Jungen, durch gemeinsames Lernen, gemeinsames Spielen oder was man sonst gerne gemeinsam macht. Aber auch das Küchenputzen übernehmen, einige Sachen bei der Tienda einkaufen zu gehen, oder eben runter in die Einkaufsstraße gehen Besorgungen zu erledigen, was halt gerade so ansteht.

 

Ab und zu soll ich die Jungs, die in die Schule gehen, zur Schule bringen, dann stehe ich um 6 Uhr auf und wir spazieren gemeinsam in der Morgensonne Quitos zur Schule. Meistens aber fängt mein Tag ruhiger an, dann um 9 Uhr in der Wohngruppe. Die Jungs sind in der Schule. Denen, die ihre Schulaufgaben ins Heim geschickt bekommen und dort lernen, versuche ich mit ihren Schulaufgaben zu helfen, oder ich helfe in der Zeit, den Haushalt Klarschiff zu machen. Zwischendurch stehen wir auch gerne im Innenhof mit einem Kaffee oder einem Kakau, rauchen und quatschen dabei, was halt morgens gerade so ansteht.

 

In der Wohngruppe, wo ich gearbeitet habe, der Casa Hakuna Matata, werden fast das ganze Jahr über immer mal wieder Weihnachtskarten gebastelt, dann sitzen alle am Tisch mit Bergen von Bastelmaterial vor sich und für 2-3 Stunden werden die Karten gebastelt. Dabei wird gequatscht, Musik gehört und Tee oder Kaffee getrunken. Für das Heim ist das wichtig, die Karten werden in Deutschland verkauft und stützen den Arbol finanziell. Aber auch für die Jungs persönlich gibt es die Möglichkeit, dass sie sich ein Taschengeld erarbeiten, was sie natürlich noch einmal extra motiviert.

 

Auch ehrenamtliche Aufgaben werden im Arbol von den Jungs mitgetragen, so starten wir an manchen Wochenenden eine Backaktion, wir backen Muffins oder Empanadas, und ziehen dann in Gruppen los um sie in sportlicher Konkurrenz zu verkaufen, beim örtlichen Volleyballplatz kommen sie bei den Zuschauern besonders gut an, aber auch bei der Tienda, wo wir die meisten alltäglichen Einkäufe tätigen quatschen wir einige Momente, verkaufen unsere Ware und flitzen dann weiter.

 

Mein persönliches Highlight jeden Tag war das Mittagessen. Die Gruppe, in der ich gearbeitet habe, liegt eine Straße über dem Haupthaus und der Küche. Also wird jeden Tag eine Delegation ausgehandelt, die den Auftrag bekommt, das Essen und den Salat von der Küche nach oben zu bringen. Meistens ist das Essen gut, manchmal ist es nicht gut, aber manchmal ist es phänomenal. Das wissen wir im Vorhinein nicht und so ist es meistens eine willkommene Überraschung, was es heute zu essen gibt.

 

Am Wochenende hat Senora Jannet, die Köchin frei, dann kochen wir selbst. Für 8 Leute zu kochen ist eine Mannschaftsaufgabe, dann arbeiten wir alle zusammen, einer macht den Reis, zwei den frischen Fruchtsaft und der Rest die Soße. Danach wird gemeinsam gegessen, manchmal sind ehemalige Jungs aus dem Heim zu Besuch und essen mit. Dann startet das Wochenendprogramm, einige machen ihre letzten Hausaufgaben, während andere Gesellschaftsspiele spielen, meistens Monopoly oder Cuarenta. Währenddessen oder danach schauen manche einen Film und andere wechseln sich ab, den Computer zu benutzen. Irgendwo läuft fast immer Musik, ob bei den Nachbarn oder bei uns, und so geht jeder in Gruppen oder alleine den Sachen nach, die am Wochenende eben so anstehen.

 

Natürlich ist das nicht alles, was es über den Alltag zu schreiben gibt, das Leben gemeinsam mit den Mitfreiwilligen ist einen eigenen Bericht wert, und auch die außeralltäglichen Aktivitäten, wie unter anderem das Fußballspielen zwischen den einzelnen Gruppen oder die Wochenendausflüge sind auch Teil des Lebens im Arbol.

Jeroen